Wie erlebt ein Haus seine Umwelt? Krisen und Kriege, Feste und Aufschwung, den Alltag? Wie schaut es auf seine Bewohner:innen? Auf Mäuse und Menschen, auf Schimmelpilze und Efeuranken, die es umfangen? Die Häuser sind alt. Nicht so alt wie die Steine, auf denen sie stehen, oder das Holz, das sie stützt, aber sie haben eine Menge zu erzählen.

Das performative Theaterprojekt des Kunstvereins Wolfenbüttel ›grund. stein. sein.‹ befasst sich mit einem ungewöhnlichen Gedankenexperiment: Wie Gebäude ihre Umgebung wahrnehmen würden und was sie uns mitteilen würden, wenn sie könnten. In der Stadt Wolfenbüttel gibt es eine Vielzahl an geschichtsträchtigen Bauwerken, deren Funktion und Nutzung sich im Laufe der Zeit oft mehrfach gewandelt hat. Die Künstler:innen Folkert Dücker und Leah Lichtwitz (folklicht*) haben in einer zweijährigen Projektphase mehrere Bauwerke ausgewählt, deren Geschichte erforscht und Interviews mit verschiedenen Menschen geführt, die eine Beziehung zu den Gebäuden haben.

Viele Gebäude in Wolfenbüttel und Umgebung übersteigen mit ihrem Alter die Lebensspanne eines Menschen weit. Sie erfahren Umgestaltungen, Umnutzungen, Veränderungen der Umgebung, die menschlichen Bedürfnissen Rechnung tragen. Oft kennen wir diese Bedürfnisse oder Gründe, können sie nachlesen. Menschen haben sie aufgeschrieben, sich weitererzählt. Manchmal sind diese Gründe im kollektiven Bewusstsein eingraviert, manchmal sind sie klein, still und privat. Wie nimmt aber das Haus seine eigenen Veränderungen und die seiner Umgebung wahr? Was würde das Gebäude uns gern wissen lassen? Welche Gedanken, Erfahrungen, Wünsche und Sehnsüchte? Und wie können wir Menschen seine Erzählungen verstehen?

Für das Projekt ›grund.stein.sein.‹ erzählen fünf Häuser in der Stadt und im Landkreis Wolfenbüttel von ihrem Leben. Die Initiatoren recherchierten ihre Geschichte und Geschichten und entwickelten eine künstlerische Gesamtidee. Anschließend luden sie in jedes Haus ein:e Künstler:in ein, die/ der/ dey eine individuelle Performance entwickelt und so dem jeweiligen Gebäude eine Stimme verliehen hat. Diese Künstler:innen arbeiten in den unterschiedlichsten Disziplinen wie beispielsweise Videokunst, Lichtkunst, Tanz, Performance, Schauspiel oder Musik.

Ziel ist dabei nicht das Finden einer Wahrheit, sondern das Suchen danach. Die Künstler:innen wollen mit unterschiedlichsten künstlerischen Mitteln historische und aktuelle gesellschaftliche Fragen, Debatten und Ereignisse der menschlichen Sichtweise entkoppeln und so neue Perspektiven ermöglichen.

›grund.stein.sein.‹ ist eine Kooperation von folklicht* (Folkert Dücker & Leah Lichtwitz) mit dem Kunstverein Wolfenbüttel e. V..

Bis zum Jahresende wurden schon zwei Häuser ›bespielt‹: Das Prinzenpalais mit einem audioperformativen Rundgang ›Re:sonanz‹ und das Feierabendhaus mit ›Fräulein Anna‹.