›LiteraturBAR‹

5. März 2020 und 31. August 2020
Kulturton - Raum für vielfalt 

›Die LiteraturBAR will AutorInnen eine Stimme und vor allem eine Bühne geben; fernab der monokulturell besetzten Verlags- und Medienhäuser.‹ Ein Interview mit Türkân Deniz-Roggenbuck.

Was hat Euch auf die Idee der LiteraturBAR gebracht?

Die Idee zur LiteraturBAR lag schon lange in der Schublade. Als Kulturton war und ist unser Ziel, Diversifizierung als Regelfall in allen Bereichen des Lebens zu fördern. Uns fehlte eine Plattform für Menschen, die sich bisweilen auch als ›Neue Deutsche‹ identifizieren. Wir befinden uns in einem postmigrantischen Aushandlungsprozess. Unsere Gesellschaft wird neu gedacht; auf allen möglichen Ebenen. Leider werden meist immer wieder dieselben Stimmen reproduziert.

Die LiteraturBAR will AutorInnen eine Stimme und vor allem eine Bühne geben; fernab der monokulturell besetzten Verlags- und Medienhäuser. AutorInnen, die gesellschaftskritisch denken und schreiben, sollten nicht als Ausnahmetalente vorgeführt werden, sondern im Regelgeschäft der Marketingmaschinerien berücksichtigt werden.

Wie seid Ihr auf die beiden Autoren gekommen und was zeichnet sie für Euch aus?

Die Eröffnung der LiteraturBAR gelang im März 2020, kurz vor der Corona-Stopptaste mit Massoud Doktoran aus Kön. Der Kontakt geht bis ins Jahr 2018 zurück, als wir bei Recherchen über Bildungsungleichheit seine Internetseite angezeigt bekamen. Massoud schreibt dort mit zwei Kollegen sehr gesellschaftskritisch über Alltagsthemen und setzt philosophisch formulierte Anker zu sehr tiefliegenden Fragezeichen zu unser aller Existenz. In ›Brenn, Schule brenn‹ beschreibt er am Beispiel eines adoleszenten Straftäters die himmelschreiende Ungerechtigkeit und Bias-Effekte im Bildungswesen. Der Humor kommt aber trotzdem nicht zu kurz.

Der zweite Gastautor, David Mayonga, beehrte Braunschweig im August 2020. Auch hier fiel uns dessen Alias-Name Roger Rekless und sein Buch ›Ein N**** darf nicht neben mir sitzen‹ im Zuge unserer Recherchen auf. Das war im Frühsommer des Jahres 2019, als das Thema Rassismus (#BLM) in der Gesellschaft noch weit davon entfernt, wahrgenommen zu werden. Nicht so für David. In seinem Buch beschreibt er seine Begegnungen mit Rassismus so eindringlich, dass man sich selbst bei seinen eigenen Vorurteilen ertappt. Das Besondere an David Mayonga ist, dass er verschiedenste Erfahrungen in seiner Identitätsfindung thematisiert und auch, welche unterschiedlichen Rollen er – durch äußere Zuschreibungen – angenommen hatte. Heute nutzt er seine Stimme, um jene zu stärken, die auf Unterstützung angewiesen sind.

Wie waren die Reaktionen des Publikums?

Es war sehr interessant zu sehen, wie sehr sich die Menschen – unabhängig von Geschlecht, Status, Generativität und Hintergründen – von den Themen der LiteraturBAR abholt fühlten. Genau das war und ist unser Ziel: eine Diversifizierung der Zuhörendenschaft, die dazu führt, dass Themen solcher Art in die jeweiligen Lebenswirklichkeiten getragen und diskutiert werden. Eindeutig gibt es den großen Wunsch in der Gesellschaft, über das Leben mit all seinen Facetten, Ausprägungen und Entwürfen zu diskutierten. Dazu gehört es eben auch, Themen anzugehen, die piksen.